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Schritt reiten

Schritt reiten

Möchtest du eigentlich sofort antraben, wenn du aufgestiegen bist? Ist die Schrittphase für dich langweilig? Natürlich weißt du, dass es wichtig ist, dein Pferd erst einmal im Schritt aufzuwärmen. Und: Was du im Schritt nicht hinbekommst, klappt im Trab und Galopp nimmermehr. So lautet eine alte Reitweisheit. Deshalb habe ich hier ein paar Tips zusammengestellt, um die Schrittphase spannend und nützlich zu gestalten.

Tipp 1: Vorwärts vom ersten Schritt

Wenn du in aller Ruhe aufgestiegen bist und den Sattelgurt kontrolliert hast, reite an und fordere dein Pferd sofort auf, fleißig vorwärts zu marschieren. Es sollte auf deine vorwärtstreibenden Schenkelhilfen reagieren und mit den Hinterhufen in oder über die Spur der Vorderhufe treten.  Wenn dein Pferd das nicht kennt  und/oder steif ist, kann es sehr mühselig sein, also stelle dich darauf ein. Beginne mit einem leichten Schenkeldruck, wenn keine Reaktion kommt, muss der Druck sofort stärker werden. Wenn die Reaktion seitens deines Pferdes immer noch zu wenig ist, dann benütze einen ganz energischen "Schenkelbuff". Hilfreich ist auch die Empfehlung von Linda Telligton-Jones die Gerte an Schulter und Bauch einzusetzen, wie ein Pendel. d.h. mit jedem Schritt tickst du einmal den Bauch, dann die Schulter, dann den Bauch, solange, bis dein Pferd einen akzeptablen Schritt geht, dann lässt du es sofort in Ruhe. 

 

Nur durch ein ordentliches Schritttempo wird dein Pferd vernünftig aufgewärmt plus: nur wenn es mit seinen Hinterbeinen unter seinen Schwerpunkt tritt, wölbt es seine Lendenwirbelsäule auf.  

Tipp 2: Langer Zügel

Reite dein Pferd im Schritt am langen Zügel oder noch besser: Gib den Zügel hin. 

 

Der Unterschied: Beim langen Zügel hast du ständigen Kontakt zum Pferdemaul, dein Pferd darf aber den Hals (im Gegensatz zum aufgenommenen Zügel) lang machen. 

 

Beim hingegebenen Zügel hast du keinen Kontakt zum Pferdemaul mehr und musst dein Pferd mit Schenkel- und Gewichtshilfen lenken. Diese Aufwärmphase kannst du prima dazu nutzen, um das zu lernen. Denn es sollte in jeder Reitweise erstrebenswert sein, die Pferde über Schenkel und Gewicht zu reiten. 

 

Es ist wichtig, deinem Pferd immer wieder die Möglichkeit zu geben, sich zu strecken. Deshalb reite auch zwischendurch immer wieder mit hingegebenem Zügel. Wenn du ein fortgeschrittener Reiter bist, solltest du auch dein Pferd mit hingegebenem Zügel im Trab und Galopp reiten (können). 

Tipp 3: Bahnfiguren

Reite Zirkel, durch die ganze Bahn wechseln, durch die Länge der Bahn, halbe Bahn und reite Schlangenlinien, insbesondere durch die ganze Bahn mit drei Bögen. Reite immer tief in die Ecke hinein, jede Ecke ist eine Viertelvolte. 

Der äußere Schenkel liegt verwahrend hinter dem Gurt und begrenzt damit die Hinterhand. Darüber hinaus kann man den äußeren Zügel an den Hals anlegen und den äußeren Oberschenkel fester an den Sattel zur Begrenzung der Vorhand einsetzen. Benutze den inneren Schenkel am Gurt, um dein Pferd zu biegen.

Hier spürt man auch sehr deutlich die Schiefe des Pferdes, wenn man auf einer Hand mehr innere Hilfen (vermeiden auch das nach innen driften) benötigt. Reite die Schlangenlinien durch die ganze Bahn S-förmig, so wie sie früher geritten wurden, z.B. bist du auf der linken Hand, wendest ab zur Mittellinie und reitest in einem leichten Bogen darauf zu und biegst dabei dein Pferd um den linken Schenkel. Beim Überreiten der Mittellinie stellst du dein Pferd dann um nach rechts, indem du jetzt dein Pferd mit und um den rechten Schenkel biegst und der linke Schenkel wirkt verwahrend auf die Hinterhand. Lege auch bewusst den linken Oberschenkel an, wenn du den Hufschlag erreichst, damit du die äußere Pferdeschulter auch begrenzt und damit dein Pferd bewegst, wieder vom Hufschlag abzuwenden, für den zweiten Bogen usw.

Tipp 4: Reiten mit Brustzügel oder Halsring

Wenn die Bahnfiguren mit  Schenkel- und Gewichtshilfen gut klappen, kannst du einmal die Trense abnehmen und dein Pferd mit einem Brustzügel (oder Strick um den Hals) oder Halsring reiten. Um Anzuhalten legst den Zügel wie auf dem Foto vor die Brust, gibst die Schenkel- und Gewichtshilfen zur ganzen Parade, und ziehst dann leicht am Brustzügel. Das wirkt einerseits temporegulierend und gleichzeitig hilft es deinem Pferd sich auszubalancieren. Gute Unterstützung leistet noch ein Stimmkommande.

Um zum Beispiel links abzuwenden legst du den Brustzügel etwa mittig (Entfernung Hals - Brust) rechts an und zupfst den Hals nach links.

Reiten ohne Kopfstück, nur mit Brustzügel oder Halsring macht riesig Spaß. Du wirst feststellen, dass dein Pferd mit mehr Freude vorwärtsgeht. Das Vertrauen, das du deinem Pferd zeigst wenn du die Trense abnimmst, wird es mit mehr Vertrauen wiederum in dich danken.

Tipp 4: Gymnastik für Dich

Nutze das Schrittreiten, um dich lockerer zu machen. Nimm deine Füße aus den Bügeln und lass sie kreisen. Dies lockert dein Sprunggelenk und hilft deinem Absatz besser in der Bewegung zu federn.  Dann lass die Beine einfach mal hängen und wenn du dann die Bügel wieder aufnimmst, hast du sicherlich das Gefühl, sie sind ein wenig länger geworden. 

 

Ziehe deine Schultern hoch, nimm sie nach hinten und lass sie dann fallen. Oder lass die Schultern kreisen, nach vorne und nach hinten. 

 

Lass deine Arme kreisen, erst einmal vorsichtig einen Arm, um dein Pferd nicht zu erschrecken, falls du dies noch nie gemacht hast. 

 

Schüttel deine Schultern aus und gebe dabei die Hände mit vor. Dies ist meine Lieblingsübung, wenn ich sehe, dass meine Schüler sich verkrampfen und als Folge ihr Pferd dann auch und zum Beispiel anfängt, zu rennen. 

 

Lege deine Beine vor die Sattelpauschen. Hier solltest du einen Helfer haben, wenn dein Pferd das nicht kennt und sensibel ist, der dein Pferd erst einmal führt. Dies ist aber eine super Übung, um die Ausrichtung der Sitzknochen zu korrigieren und für deinen Rücken und Hüfte sehr entspannend und damit auch für die letzte Phase deiner Reiteinheit eine gute Sache. 

 

Eine klasse Übung ist die Lockerung des Okzipitalgelenkes - dem Übergang vom Kopf zur Wirbelsäule - von Eckard Meyners. Zuerst bewegst du deinen Kopf nach links und nach rechts und merkst, dir wie weit du ungefähr kommst. Nun musst du ein paarmal den Unterkiefer hin und her bewegen. Dann den Oberkiefer, so gut wie es geht. Anschliessend massierst du die Kiefergelenke und dann die Akupressurpunkte am Hinterkopf, am Haaransatz,  und zum Schluss massierst du noch das Okzipitalgelenk. Wenn du jetzt noch einmal den Kopf nach links und nach rechts bewegst, wirst du sehen, dass es weiter und besser geht.  

Tipp 5: Gymnastik für Dein Pferd

"Offiziell" gehören Schenkelweichen und Vorhandwendungen nicht zu den gymnastizierenden Übungen, weshalb sie in die Lösungs- und Aufwärmphase mit eingebaut werden. 

Wenn du nicht so versiert bist, dann beginne mit der Vorhandwendung. Dies ist eine einfache Übung, weil man sich hier wirklich auf die Koordination der Hilfen konzentriert und nicht noch zusätzlich die Balance und das punktgenaue Treiben in der Bewegung bewältigen muss. 

 

 

 

Wenn du nur 4 Minuten zu jedem Tipp reitest, hast du schon 20 Minuten aufgewärmt und dich selbst und dein Pferd lockerer gemacht. Damit leistest du auch einen wichtigen Beitrag zu der Gesunderhaltung deines Pferdes. Mit der Zeit wirst du feststellen, dass  auch dein Trab und Galopp besser werden. 

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